Veltliner Sturm

Als Hemma dem Schorsch winkte, weil sie zahlen wollte, sah sie noch einmal zu dem leeren Privatstrand der Konrads hinüber. Sie fragte sich, wie lange man mit so einer Sauerstoffflasche, die ja in Wirklichkeit keine Sauerstoffflasche, sondern eine Druckluftflasche war – Sauerstoffflasche sagte man halt so –, wie lange man also mit so einer Flasche überhaupt unter Wasser bleiben konnte. Immerhin waren schon über zwanzig 13 Minuten vergangen, seit die Laura und der Michael untergetaucht waren. 
Da sah sie plötzlich, dass einer der beiden Taucher wie ein Tornado aus dem Wasser herausschoss, auf der Wasseroberfläche landete und anschließend regungslos dahintrieb. Wer von den beiden das war, konnte Hemma nicht feststellen. Und sie fragte sich, wo die andere Person so lange blieb. Schließlich hatte Hemma wenig Ahnung vom Tauchen und wusste nicht, dass es ein absolutes No-Go war, tief unter Wasser die Reißleine der Rettungsweste zu ziehen und somit mit einem Satz nach oben zu schnalzen. Wer das tat, musste verrückt sein, das grenzte ab einer gewissen Tiefe an Selbstmord. Und wer immer noch unten war, egal ob Laura oder Michael, musste sich die nötige Zeit zum Auftauchen nehmen, um sich nicht selbst auch noch in Gefahr zu bringen. Und so sah sie erst nach wenigen Minuten die zweite Person an der Oberfläche auftauchen, die sofort zur ersten hinschwamm und versuchte, den offenbar bewusstlosen Körper aus dem Wasser zu ziehen. Als die beiden Taucher am Ufer waren, wurde Hemma klar, dass es Laura war, die versuchte, den regungslosen Michael an Land zu zerren. Laura begann, auf die andere Uferseite hinüberzuwinken und um Hilfe zu schreien. Aber wer sie nicht im Visier hatte, dem fiel sie nicht auf, dazu war sie zu weit weg. Nur Hemma sah sie verzweifelt um Hilfe flehen und selbst sie konnte Lauras Stimme kaum hören. 
Hemma sprang auf, lief auf den Schorsch zu und schrie: »Schorsch, da drüben ist was passiert. Wir müssen da rüber. Hast du noch irgendein Boot?« »Nein, die sind alle draußen?« 
»Aber du hast doch sicher ein Rettungsboot?« 
»Gerade nicht. Was ist los?« 
Hemma lief los, ohne lange auf Schorschs Frage einzugehen. Sie lief wie der Teufel auf den kleinen Weg zu, der zur Krone der Staumauer führte, über die ganze Mauer hinüber und weiter bis zu dem Gartentürl, das natürlich verschlossen war und auf dem ein Schild montiert war: Privat! Betreten verboten! 
Hemma kletterte über den Zaun und lief weiter in Richtung Bungalow, wo sie sah, dass Laura vor dem Körper ihres Mannes kniete und dessen Kopf im Arm hielt, wo aus sämtlichen Öffnungen das Blut ran. 
»Schnell, wir müssen ihn wiederbeleben«, rief Hemma. 
»Hallo Hemma«, antwortete ihr die Laura mit starrem Blick und monotoner Stimme. »Ich hab schon alles versucht. Es ist zu spät.««
 

Durch Zufall beobachtet Hemma, wie Laura Konrad und ihr Mann Michael in Neoprenanzügen und mit Taucherflaschen in den See steigen. Wenig später schießt Michael wie eine Rakete aus dem Wasser. Regungslos treibt er an der Oberfläche. Ein Unfall? Hemma glaubt nicht daran, also beginnt sie zu ermitteln. Nur fehlt es ihr dieses Mal ein wenig an Konzentration. Denn aus dem Nichts taucht ein fremder Mann auf, der ihr ziemlich den Kopf verdreht. Und das, obwohl sie doch fix mit dem Hubert, dem Polizeichef von Niederfeld zusammen ist. Naja, was heißt schon fix, irgendwie zusammen halt …

Veltliner Sturm
Hemma Thoms 5. Fall
Krimninalroman von Werner Baumüller
TB, 261 Seiten, € 13,90 (A)
ISBN 978-3-99074-207-5



Veltliner Sturm ist auch als e-book erhältlich

Weltbild

Amazon

Thalia


 

Von Werner Baumüller bisher erschienen


Veltliner Schädel
978-3-99074-088-0

Veltliner Spritzer
978-3-99074-136-8

Veltliner Sturm
978-3-99074-207-5




 
Werner Baumüller

     

 

     

 

 
Verlag federfrei - Der österreichische Krimiverlag