Tod im Morgengrauen
Salzkammergut-Krimi
Angestrengt
starrte er in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war,
konnte aber in dem schummrigen Licht nichts erkennen. Dann
schälte
sich plötzlich eine Gestalt aus dem Schatten. Sie war in einen
Umhang gehüllt, ein breitkrempiger Hut bedeckte den Kopf, und
die
Stiefel reichten ihr fast bis zu den Knien. Langsam näherte
sie
sich ihm. Etwa zehn Meter vor ihm Machte sie halt. Erst jetzt erkannte
er das Gesicht unter dem voluminösen Hut. »Ach, du
bist’s«, stieß er erleichtert aus und
ließ
seine Mistgabel wieder sinken. Die Gestalt antwortete nicht, stand nur
stumm da, beobachtete ihn, wartete. »Was stehst’n
so da?
Und was willst überhaupt noch? Wir ham doch alles
ausg’redt.
Host du etwa STIRB DU SCHWEIN auf mei Stadltor
g’schmiert?«
Wiederum kam keine Antwort, stattdessen führte die Gestalt
etwas
zum Mund. »Bist narrisch, im Stall wird net
g’raucht«, wollte er schon zornig erwidern. Aber
statt dem
Zünden eines Feuerzeugs war lediglich ein leises
Pustegeräusch zu vernehmen. Unmittelbar darauf spürte
er
einen leichten Stich am Hals. »Verdammt, was hast du
…«, der Satz blieb unvollendet, denn im selben
Moment
breitete sich ein höllisches Brennen in seinem Körper
aus,
als stünde er in Flammen. Seine Atemwege schwollen in
Sekundenschnelle zu. Verzweifelt rang er nach Luft. Angst erfasste ihn.
Sein Kopf drohte zu zerspringen. Ein wahnsinniger, tödlicher
Schwindel erfasste ihn. Bilder stürzten auf ihn ein
– wie
der Toni, der gerade sein Stalltor mit der hässlichen Parole
beschmierte, sich zu ihm umdrehte. Aus seinem Pinsel troff Blut.
»Das ist dein Blut«, schrie der Toni ihm zu und
lachte
höhnisch auf. Dann das Bild seiner Mutter mit ihrem geprellten
Knöchel und Frau Dr. Reinisch, die hämisch grinste,
weil er
nun die Stallarbeit allein machen musste. Der Boden unter seinen
Füßen begann, sich zu drehen. Er schien
abwärts zu
rasen. Er stöhnte auf. Die Visionen wurden abgelöst
von einem
schwarzen Loch, das unaufhörlich wuchs und
schließlich alles
zu vernichten drohte, was an ihm lebendig war. Die Gestalt trat
zurück in den Schatten, verschwommen merkte er, dass sie ihn
weiter beobachtete. Verzweifelt versuchte er, um Hilfe zu bitten, aber
seiner Kehle entrang sich nur ein Röcheln. Halt
suchend
taumelte er gegen eine Kuh. Übelkeit kroch in ihm hoch, und er
übergab sich in einem Schwall auf den Stallboden.
»Luft, ich
brauche Luft.« Das war der letzte klare Gedanke, den Hans
Fellhofer noch fassen konnte, bevor er zusammenbrach. Heftige Zuckungen
schüttelten minutenlang seinen Körper. Dann breitete
sich
Stille aus. Acht lange, qualvolle Minuten hatte sein Kampf gedauert.
gelegen.
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Inspektor
Weyrich plant schon seine Pension, da wird der Fellhofer-Bauer tot in
seinem Stall aufgefunden. Nur allzu gern schließt Weyrich den
Fall rasch ab: Tod durch anaphylaktischen Schock. Fellhofer hatte eine
Bienengift-Allergie. Doch Bianca Baldinger, seine neue Kollegin aus
Salzburg, schenkt dieser Theorie nicht viel Glauben. Ehrgeizig rollt
sie den Fall neu auf und stößt bei der Durchsicht
der Akten
und Befragungen der Angehörigen auf viele Ungereimtheiten.
Tod im Morgengrauen
Kriminalroman von Victoria Wolf
Taschenbuch, 234 Seiten, € 12,90 (A)
ISBN 978-3-903092-14-3
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Tod im Morgengrauen ist auch
als e-book erhältlich
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Victoria Wolf
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