„Tod am Nussbaum“ von Lore Macho
In Klein Schiessling herrscht große Aufregung. Das frisch vermählte Paar Marie und Franz Oberer finden den Gemeinderat Huberbauer am Tag ihrer Hochzeit auf dem Nussbaum – erhängt. Kaum beginnt die Polizei mit ihren Ermittlungen, wird der nächste Gemeinderat in der Kirche erstochen. Die Einwohner sind überzeugt: ein Politikermörder geht um. Wieder ermitteln der cholerische Inspektor Julius Schreiner und der besonnene Sepp Tauber – zwei Charaktere, die unterschiedlicher nicht sein könnten.
Leseprobe
Nachdem die reich und festlich geschmückte Hochzeitstafel im Gemeindegasthaus der Wirtsleute Herrn und Frau Krügerl fast zur Gänze geplündert wurde, warten die Fotografen vor der Gasthaustür auf das jungvermählte Paar, um für die örtlichen Lokalblätter einige Aufnahmen zu schießen. Man braucht ja immer wieder Neuigkeiten für seine Leser. Und wenn schon einmal zwei heiraten, die weder »verwandt noch verschwägert« sind, also Hoffnung auf geistig gesunden Nachwuchs besteht, ist dies um so bemerkens- und natürlich auch berichtenswerter. Draußen vor dem Lokal wirft Marie traditionell kleinschiesslingerisch ihren Brautstrauß aus weißen Rosen in die Dörflermenge hinter sich. Geschickt fängt der Bürgermeister von Klein Schiessling, Alfons Pummerl, ihn auf. Der lässt doch wirklich nichts aus, wo es was umsonst zu holen gibt. Jedenfalls hält er den Brautstrauß frisch-fröhlich in die Höhe und winkt damit allen anwesenden Dörflern hocherfreut und siegessicher zu. Sein rundliches Gesicht mit der roten Nase passt sehr gut zu seiner pummeligen Gestalt, und seine tief liegenden Äuglein vervollständigen das Äußere des Dorfbosses, der sich heute makellos mit Sakko und Krawatte präsentiert. Meist trifft man ihn ja mit kleineren und auch größeren Toilettenfehlern an, aber daran hat die Bevölkerung von Klein Schiessling sich im Laufe seiner verantwortungsvollen Amtszeit längst gewöhnt. Man kann schließlich nicht alles haben. Und ein vollgekleckerter Bürgermeister ist immer noch besser als gar keiner. Aber heute, zu Ehren des Brautpaares, ist er rundherum sauber!
Das glückliche, frischvermählte Paar wird von den Brauteltern im Auto zum Franz seinem Haus, gleich hinter der Dorfkirche, gefahren, wo die beiden vorhaben, in Zukunft gemeinsam zu leben. Dort angekommen, steigen alle aus. Franz will grad seine Marie aufheben, um sie über die Haustürschwelle zu tragen, da schreit hinter ihnen die Mutter der Marie, Valerie Strasserburger, wie am Spieß. Alle drehen sich nach ihr um. Sie steht mit offenem Mund und riesigen Augen da und starrt auf den großen Nussbaum, der gegenüber dem Haus des Bräutigams mitten in der Botanik steht.
Da hängt doch mitten im schönen grünen Nussbaum der erst kürzlich in die Gemeinde gekommene Gemeinderat Kilian Huberbauer, und seine langen Haxen baumeln sanft im Wind.
Tod am Nussbaum ist auch als e-book erhältlich
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Tod am Nussbaum
Dorfkrimi von Lore Macho
Taschenbuch, 200 Seiten, € 12,90 (A)
ISBN 978-3-903092-15-0