„Der Schwalbenfänger“ von Lukas Reiff
Die hochsommerliche Ruhe der Eisenstädter, die der Legende nach früher als »Schwalbenfänger« bezeichnet wurde, ist mit einem Schlag unterbrochen. Verkatert nach einer langen Nacht im legendären Tanzlokal »Elvis« wird Privatermittler Karl Morgentau damit beauftragt, in seiner Heimatstadt Eisenstadt einen Mord aufzuklären. Der bekannte Banker der »Eisenstädter Bank«, Lebemann Jakob Schmidt, wird brutal erstochen auf einem Lagerplatz hinter dem »Elvis« aufgefunden. Schnell wird klar, dass Jakob Schmidt mehr Feinde hatte als zunächst gedacht.
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So steht man also da und staunt nicht schlecht. Ganz schön viel Blut, das man sich nach einer solchen Aktion abwaschen muss. Tief nach innen, ganz unter die Fingernägel muss man mit der Seife kommen. Schon zum fünften Mal drückt man den Seifenspender durch und reibt die Fingerspitzen aneinander, dennoch färbt sich die Waschmuschel in den eigenen vier Wänden noch immer rötlich braun. So eine Sauerei aber auch.
Davor waren die Hände noch viel schmutziger gewesen, denn so ein schwarzer Ruß an den Händen vom Feuer-Machen ist natürlich auch nicht so leicht abzuwaschen. Wobei das an sich nicht so schwer gewesen ist, das Feuer in der Mülltonne in der Einfahrt hat schnell gebrannt.
Morgen wird man den Müll wegführen und basta. Schließlich war die ganze Aktion auch notwendig, immerhin durften die Kleider nicht entdeckt werden, bei der heutigen DNA-Technik und so. Um den Dreckskerl wird es auch niemandem leidtun, denn der war schon längst überfällig, da ist man sich sicher. Der egozentrische Lackaffe hat nur auf sich geschaut, andere Menschen sind ihm schlicht egal gewesen. Alleine schon, wie der arrogant lächelnd aus dem Lokal rausstolziert ist – und dann auch noch seine vom inhalierten Schnee glänzenden Augen erst. Blöd nur, dass eine solche Tat bei einem einen Schatten auf der Seele hinterlässt. Und man sich nun Mörder schimpfen lassen muss. Natürlich nur, wenn man einem draufkommt. Aber es wird schon keiner draufkommen. Alibi ist ja auch schnell eines hergezaubert. Falls man denn überhaupt eines braucht. Das wird schon irgendwie werden.
Noch einmal drückt man den Seifenspender durch. Ach Gott, was für eine Menge Blut da an den Händen klebt. Seine Hände in Unschuld waschen, das ist sicher auch das Motto vom Mordopfer gewesen. Irgendwie passend also. Ganz ruhig ist er am Ende gewesen, der Unsympathler. Und ganz blass. Nicht einmal gezuckt hat er mehr. Die Augen waren ganz glasig und sagen hat er auch nichts mehr können, die Stimmbänder komplett hinüber. Ganz tief ist man ihm reingefahren, in den Hals und zeitgleich ins Leben. Nach ein paar Minuten war es endgültig vorbei mit ihm.
Bis seine erbärmliche Existenz in die Hölle gefahren ist, so viel ist sicher. Und durch die vorgenommene Handlung, wer weiß, wendet sich vielleicht doch noch alles zum Guten.
Zumindest für einen selbst, der man sich nach wie vor die Hände wäscht. Und für jeden in der Umgebung. In Zukunft.
Vielleicht wird man ja fliegen, frei wie eine Schwalbe. Denn jeder kennt den Spruch: Siehst du die Schwalben niedrig fliegen, wirst du Regenwetter kriegen.
Der Unsympathler hat wortwörtlich viele Leute am Aufstieg gehindert. Er hat dafür gesorgt, dass man nicht höher fliegen kann, als er einen lässt. Doch das ist jetzt vorbei. Kein Regenwetter mehr, nur noch Sonne. Und der kann man jetzt entgegenfliegen. Denn der Schwalbenfänger ist jetzt tot. So viel Blut, wirklich wahr.
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Thalia
Der Schwalbenfänger
Der erste Fall für Karl Morgentau
Kriminalroman von Lukas Reiff
Taschenbuch, 188 Seiten, € 14,90 (A)
ISBN 978-3-99074-320-1