„Allahs Internet“ von Günther Zäuner
Burkhard Eschbach ist einem internationalen Hehlerring auf der Spur, der antike Raubkunst aus irakischen Museen im Auftrag der Dschihad-Kämpfer des IS verkaufen soll. Auch Kokoschansky ist manches zu Ohren gekommen. Doch die Regierung will von seinen Erkenntnissen nichts wissen. Im Zuge seiner Ermittlungen findet er Zusammenhänge zwischen den Kunsthehlern und Waffenschiebern heraus, die für den IS arbeiten. Dabei wird ihm klar, wie tief der IS in Österreich in der salafistischen Szene verankert ist.
Leseprobe
Auf die Sekunde genau betritt ein jüngerer Mann, topmodisch und sehr gepflegt, das Lokal. Rüthers wartet ab, zeigt sich desinteressiert, obwohl er den Fremden nicht aus den Augen lässt, und blättert scheinbar gelangweilt in einer Zeitung. Der Gast blickt sich um, steuert dann gezielt Rüthers Tisch an.
»Dr. Rüthers«, fragt er leise.
»Ja. Und Sie?«
»Saif«, kommt es noch eine Nuance leiser aus dem Munde des dunkelhaarigen Mannes mit dem sorgfältig gestutzten Vollbart.
»Dann sind wir verabredet«, Rüthers bietet dem Mann Platz an. »Setzen Sie sich.«
Rüthers reicht Saif die Hand, die der nur zögerlich annimmt. Ihm wurde ein Araber als Mittelsmann angekündigt ohne jedoch dessen Nationalität und weitere Angaben zur Person.
»Sie sind mein Gast. Möchten Sie etwas essen? Was trinken Sie?«
»Danke, nur Tee.«
Rüthers winkt den Kellner herbei, und Saif verlangt einen Earl Grey. Obwohl er sein Gegenüber auffällig mustert, verrät keinerlei Regung in seinem eher dunklen Gesicht mit den stechenden Augen, was er denken könnte. Saif ist ein gut gewählter Codename, arabisch für Schwert. Auch Rüthers lässt sich nichts anmerken, ahnt nur, dass er möglicherweise einem direkten Repräsentanten des IS, des Islamischen Staates, in diesem Hietzinger Wirtshaus gegenübersitzt.
»Sie sind also …«, Saif unterbricht kurz, wartet, bis der Kellner ihm seine Teetasse auf den Tisch stellt und sich wieder entfernt, »… an dem Geschäft interessiert.«
»Mein Mandant, den ich vertrete, hat größtes Interesse«, verbessert ihn Rüthers. »Ich bin autorisiert, ihn in dieser heiklen Angelegenheit zu vertreten. Aber gestatten Sie mir eine Bemerkung. Dass Sie kein Europäer sind, sehe ich. Aber haben Sie in Europa, vorzugsweise in Deutschland, der Schweiz oder Österreich gelebt, weil Sie ein ausgezeichnetes Deutsch sprechen?«
Natürlich mit deutlichem Akzent, doch das übergeht Rüthers.
»Es geht ausschließlich um dieses Geschäft«, weist Saif ihn augenblick-lich in die Schranken. »Alles andere ist unwesentlich.«
Dieser Schuss, Saif etwas mehr herauszulocken, ging gründlich nach hinten los. Trotz seiner offensichtlichen Jugend ist der Mann bestens geschult und gestattet nicht den geringsten Blick in seine Karten.
»Ist Ihr Klient überhaupt in der Lage, die geforderte Summe zu bezahlen?«
»Das ist er.«
»Immerhin reden wir von einer Größenordnung in Höhe von fünfundvierzig Millionen Dollar.«
»Das ist kein Problem. Um Ihre Zweifel sofort zu zerstreuen«, Rüthers zieht ein zusammengefaltetes Papier aus seiner Sakkotasche, »das ist eine Beglaubigung der RBC Royal Bank auf den Cayman Islands, die bescheinigt, dass mein Mandant über diese Summe jederzeit verfügen kann.«
»Darf ich sehen?« Saif studiert das Dokument in englischer Sprache sehr genau und scheint auch damit keine Schwierigkeiten zu haben. »Ich möchte das behalten und meinem Auftraggeber übergeben.«
»Das ist bereits für Sie vorbereitet, Saif.«
»Gut.«
»Wer garantiert meinem Mandanten, dass es sich bei der Ware nicht um erstklassige Fälschungen handelt?«
Zuerst folgt ein bohrender Blick wie ein Dolchstoß, danach ist Saif am Zug und präsentiert Rüthers ein Papier in arabischer Sprache, legt aber zugleich auch eine deutsche und englische Übersetzung des Schreibens vor. Diesen arabischen Wisch hat niemand Geringerer als Abu Bakr al-Baghdadi14, der Kalif, Oberhaupt des IS, geschrieben.
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Ein Kokoschansky-Krimi
Kriminalroman von Günther Zäuner
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